Probleme der Globalisierung: 4 gängige Mythen & was Sie dagegen tun können

Globalisierung - unsere Erfahrungen aus erster Hand
China, Indien, Türkei, Bangladesh & Co. sind als Textilhochburgen bekannt - leider sind sie auch unweigerlich mit Schlagworten wie Umweltverschmutzung, Zwangsarbeit, Hungerlöhnen oder Kinderarbeit verknüpft. Durch die Globalisierung wurden gesellschaftsrelevante Themen vom Großteil der Unternehmen in die Produktionsländer ausgelagert und die Verantwortung dafür abgegeben. Wir haben über die vielen Jahre in dieser Branche selbst so einiges erlebt, weshalb für uns schnell klar war:
WIR WOLLEN ETWAS VERÄNDERN.
Da Baumwolle klimatisch bedingt zum Glück noch immer nicht in Österreich wächst und ein Großteil unseres Sortiments auf dieser Naturfaser aufbaut, mussten wir uns unweigerlich mit den Textilhochburgen und den dort herrschenden Bedingungen auseinandersetzen. Nach über 20 Jahren Zusammenarbeit mit unseren Partnern vor Ort kamen wir zu einigen wichtigen Erkenntnissen, die wir gerne mit Ihnen teilen würden, da wir immer wieder erleben, dass es oft ein falsches bzw. verschobenes Bild von Produktionen in- & außerhalb Europas gibt.
1. Mythos der Globalisierung: Regional ist immer besser
Wir produzieren gerne auch regional, vor allem, um die heimischen Strukturen zu unterstützen. Leider steht aber ein "Made in Europe" nicht immer für Qualität und erst recht nicht immer für gute Arbeitsbedingungen. Erst kürzlich wurden beispielsweise wieder Fälle von Zwangsarbeit, Hungerslöhnen & Ausbeutung in England und Italien aufgedeckt - der Irrglaube, dass globale Produktion immer schlechter ist, hält sich aber hartnäckig.
Unser Ansatz ist jener, dass wir die Welt als unsere Werkbank sehen und die Umwelt- & Arbeitsbedingungen vor Ort verbessern. Würde jedes Unternehmen, das sich für faire Arbeitsbedingungen in den Textilhochburgen einsetzt, nun plötzlich beschließen, die Produktion abzuziehen, würde sich der Druck auf die ArbeiterInnen erhöhen und sich ihre Arbeitssituation immens verschlimmern. Denn es gilt: Je weniger Arbeitsmöglichkeiten, umso weniger müssen sich Unternehmen um Moral Gedanken machen, da die ArbeiterInnen aufgrund der mangelnden guten Alternativen ohnehin gezwungen sind, für sie zu arbeiten.

2. Mythos der Globalisierung: Baumwollprodukte sind Naturprodukte
Da es sich bei Baumwolle um eine Naturfaser handelt, glauben viele Menschen, dass sie sich bei Baumwollprodukten Naturprodukte nach Hause holen - doch davon sind die meisten Textilien weit entfernt: Denn je nach Herstellungsprozess und verwendeten Chemikalien hat das Produkt am Ende nichts mehr mit einem Naturprodukt zu tun.
Außerdem zählt die Textilbranche zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige der Welt, wobei der Baumwollanbau, mit einer Produktion von insgesamt ca. 29 Mio. Tonnen pro Jahr, durch den Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern zu einem der stärksten Umweltverschmutzern der Branche zählt. Außerdem wird beim Anbau sehr viel Wasser benötigt, weshalb ein balancierter Wasserhaushalt zwingend notwendig ist, damit es nicht zu Austrocknungen ganzer Gebiete (siehe Aralsee) kommt.
Doch auch hier geht es anders: Für uns war die Wahl, woher wir unsere Baumwolle beziehen, aus genau diesen Gründen absolut entscheidend. Wir haben uns schlussendlich für Denizli (Türkei) entschieden, da dort bereits seit Jahrhunderten Baumwolle im Einklang mit der Natur angebaut wird. Da wir ein sehr breites Bio-Baumwollsortiment anbieten, schonen wir außerdem die Böden und verhindern eine Verschmutzung durch Pestizide & Co.

3. Mythos der Globalisierung: es gibt nur Schwarz oder Weiß
Ja, das mussten wir über die Jahre immer wieder lernen. Vor allem mussten wir verstehen, dass nicht alles, was wir als EuropäerInnen von außen betrachtet als richtig empfinden, auch in den Strukturen des Landes funktioniert oder für die ArbeiterInnen Sinn macht. Ein erschreckendes Beispiel aus der Praxis, das uns selbst zum Nachdenken gebracht hat:
Kinderarbeit als Beispiel der Probleme der Globalisierung
Als vor einigen Jahren das Thema Kinderarbeit in der Textilbranche bekannt wurde, war der Aufschrei groß. Verständlicherweise wurde von Europa gefordert, dass dem Einhalt geboten werden muss. Die Textilhochburgen reagierten und verbannten die Kinderarbeiter aus der Textilbranche, kümmerten sich aber nicht darum, das grundsätzliche Problem der Kinderarbeit in Angriff zu nehmen:
Die Eltern verdienen einfach viel zu wenig und sind somit noch immer auf das Zusatzeinkommen der Kinder angewiesen.
Dadurch gab und gibt es noch heute viel zu viel Kinderarbeit, allerdings nun in anderen und meist wesentlich härteren Branchen wie Straßenbau, etc. Eine Verbesserung? Nicht wirklich, da die Strukturen des Landes und die große Armut der Bevölkerung eine wirkliche Veränderung zum aktuellen Stand leider meist kaum bis gar nicht zulassen. Aber es beruhigte zumindest die Gewissen in Europa...
Umso wichtiger ist unser Ansatz: Wir setzen uns für faire Löhne, sogenannte Living Wages ein, die den ArbeiterInnen ein Leben über dem Existenzminimum ermöglichen. Nur wenn ArbeiterInnen genügend bezahlt bekommen, kann es auch zu einem Wandel im System kommen, der Kinder am Ende direkt und indirekt besser schützen kann.

4. Mythos der Globalisierung: es gibt perfekte Unternehmen
Ja, es gibt einige Unternehmen, die in Sachen Nachhaltigkeit und fairen Arbeitsbedingungen die Nase ganz weit vorn haben - wir zählen uns selbst auch dazu. ABER: von perfekt sind wir alle leider noch weit entfernt.Seit über 20 Jahren arbeiten wir mit unserem Produzenten in der Türkei zusammen und suchen täglich gemeinsam mit Unternehmen wie dem Global Organic Textile Standard, Cradle to Cradle Certified oder der Fair Wear Foundation nach Wegen, die Arbeitsbedingungen für unsere ArbeiterInnen vor Ort zu verbessern und um ganzheitlich nachhaltige Produkte von Anfang bis Ende zu produzieren. Wir haben schon viel erreicht und sind stolz darauf, so viel Gutes vor Ort bewirkt zu haben, doch eines ist uns ebenfalls klar: Es gibt noch immer viel zu tun. Aber wir bleiben dran und werden auch weiterhin unser Bestes geben, um für faire Arbeits- & nachhaltige Umweltbedingungen in den Produktionsländern zu kämpfen.